Anschlussfinanzierung

21. Oktober 2022

Die aktuelle Entwicklung der Zinsen für Immobilienfinanzierungen (Bauzinsen) ist in den Köpfen der Verbraucherinnen und Verbraucher angekommen. Je nach Ausgangslage müssen Verbraucherinnen und Verbraucher sich infolge gestiegener Bauzinsen auf gravierende Konsequenzen einstellen. 

Gliederung

  • Bauzinsniveau und Beleihungsauslauf: Wovon hängen die Zinskonditionen ab?
  • Was sind die Folgen höherer Zinsen?
  • Was Sie tun können?

Bauzinsniveau und Beleihungsauslauf: Wovon hängen die Zinskonditionen ab?

Nach Auslauf der Zinsbindung müssen Sie Ihren Immobilienkredit grundsätzlich zu aktuellen Zinssätzen refinanzieren. Bei einer Anschlussfinanzierung mit dem Kreditgeber Ihres laufenden Kredits (Zinsanpassungs- oder Prolongationsvereinbarung) ist das in der Regel in den Darlehensbedingungen vereinbart. Wenn Sie den Kreditgeber wechseln und einen Ablösekredit abschließen, wird dieser ebenfalls seine aktuellen Sollzinssätze für Darlehen dieser Art zugrunde legen. Das Bauzinsniveau ist damit der wichtigste Einflussfaktor auf die Konditionen der Anschlussfinanzierung. Im nächsten Schritt kommt es dann auf das Verhältnis der offenen Restschuld zum Beleihungswert der Immobilie an. Dieses Verhältnis nennt man Beleihungsauslauf.

Grundsätzlich gilt: Je niedriger der Beleihungsauslauf, desto günstiger die Zinsen. Das heißt: Wer es schafft, bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist oder des Festzinsvertrages planmäßig oder insbesondere durch Sondertilgungen signifikant zu tilgen, verringert nicht nur seine Restschuld, sondern erhöht auch seine Aussicht auf verhältnismäßig günstige Zinskonditionen. Höherer Verkehrswert = höherer Beleihungswert = günstigerer Beleihungsauslauf: Wieso ist das falsch? Kreditgeber müssen vor jeder gesonderten Kreditentscheidung eine Risikoeinschätzung des Kredites vornehmen. Bei Immobilienfinanzierungen gehört dazu insbesondere eine Prüfung der Werthaltigkeit der Immobilie, die zugunsten des Kreditgebers mit einer Grundschuld belastet wird. Der Wert, der hier ermittelt und in der Kreditweiterbearbeitung überwacht werden muss, ist nicht der Markt- oder Verkehrswert, sondern der sogenannte Beleihungswert der Immobilie. Der Beleihungswert ist ein eigener Wert. Ermittelt werden die langfristigen und nachhaltigen Merkmale der betreffenden Immobilie. Denn nur wenn die Immobilie unter diesen Aspekten bewertet wird, kann die Grundschuld den Zweck erfüllen, den Kreditgeber jederzeit während der Laufzeit des Kredites ausreichend abzusichern. Bei Markt-/ Verkehrswerten geht es dagegen nicht um eine dauerhafte, sondern um eine stichtagsbezogene Bewertung. Dabei kommt es insbesondere auf die aktuelle Angebots- und Nachfragesituation bei vergleichbaren Häusern, Wohnungen oder Grundstücken in ähnlichen Lagen an. Anders als der Beleihungswert können Markt-/ Verkehrswerte daher stark schwanken. Markt-/ Verkehrswerte, die infolge eines Immobilienbooms steigen, spiegeln sich in der Regel nicht – oder mit nicht unerheblicher zeitlicher Verzögerung – im Beleihungswert wider. Sogenannte spekulative Elemente werden nämlich bei dessen Ermittlung nicht einbezogen. Dies gilt auch für kurze Phasen des wirtschaftlichen Abschwungs. Anders ist es beispielsweise bei signifikanten Preiskorrekturen am Wohnimmobilienmarkt. Hier können Kreditgeber durchaus veranlasst sein, die Beleihungswerte nach unten zu korrigieren.


Was sind die Folgen höherer Zinsen?

Wenn die Restschuld zu einem höheren Zins als dem bisher vereinbarten getilgt werden muss, drohen höhere Ratenzahlungen oder längere Tilgungszeiträume. Je nachdem, in welchem Lebensalter Sie Ihr Eigenheim erworben haben, kann sich die Abzahlung des Immobilienkredits möglicherweise sogar bis ins Rentenalter verlängern. Besonders problematisch kann es insbesondere für Verbraucherinnen und Verbraucher werden, die hohe Darlehensbeträge mit kurzer Zinsbindung aufgenommen haben, hohe Darlehensbeträge aufgenommen haben und während oder zum Ende der Zinsbindung verhältnismäßig wenig tilgen oder die die Grenze der tragbaren Belastung mit ihrer laufenden Finanzierung schon ausgereizt haben. Im Worst Case, wenn die Restschuld und die Zinsdifferenz so hoch sind, dass der monatlich für die Rate verfügbare Betrag nicht mehr für Zins und Tilgung ausreicht, können die Zinsanpassung oder die Prolongation sogar scheitern und es findet sich kein Kreditgeber für eine Ablösefinanzierung. Dies jedenfalls dann, wenn die betroffenen Verbraucher dann keine zusätzlichen Sicherheiten stellen können. 


Was Sie tun können?

Frühzeitig kümmern 

Behalten Sie im Blick, wann Ihre Zinsbindung ausläuft und wie hoch Ihre für diesen Zeitpunkt errechnete Restschuld dann sein wird. Setzen Sie sich nicht erst mit der erforderlichen Zinsanpassungsvereinbarung auseinander, wenn Ihr Kreditgeber auf Sie zukommt, sondern beobachten Sie die Entwicklungen der Bauzinsen und des für Ihre Immobilie relevanten Marktes in den Medien. Die Zusammenhänge gerade im Hinblick auf den Beleihungswert sind oft hoch komplex. Wenn unklar ist, was eine bestimmte Entwicklung für Ihre Finanzierung bedeuteten könnte, lassen Sie sich frühzeitig beraten. 

Zinswirksam tilgen

Je niedriger die Restschuld am Ende der Zinsbindung ist, desto niedriger sind die Zinsen, die Sie für die Zinsanpassungsvereinbarung oder den Ablösekredit zahlen müssen. Achten Sie bei Ihren Überlegungen darauf, wieviel Sie unter der laufenden Vereinbarung tilgen können. Klären Sie frühzeitig, um welchen Betrag Sie Ihre errechnete Restschuld weiter senken müssen, damit Sie von einem günstigeren Zinssatz profitieren können. Versuchen Sie diesen Betrag aufzubringen, um den Zinsvorteil zu nutzen.

In vielen Verträgen ist vorgesehen, dass Darlehensnehmerinnen und -nehmer jährlich bis zu fünf oder zehn Prozent sondertilgen können. Häufig ist auch geregelt, dass sie den monatlichen Tilgungssatz in bestimmtem Umfang erhöhen können. Wenn Sie sich diese Rechte bei Kreditvertragsabschluss nicht haben einräumen lassen, legen Sie verfügbare Beträge für eine Tilgung beim Auslaufen der Zinsbindung zur Seite.

Beraten lassen

Kundenberater bei Banken, Sparkassen oder Versicherungsunternehmen haben umfangreiche Verpflichtungen, wenn sie individuelle Empfehlungen bezüglich Ihrer Anschlussfinanzierung geben. Sie müssen Sie kundengerecht und projektgerecht beraten. Auch Immobiliar-Darlehensvermittler, die eine unabhängige Beratung anbieten oder als unabhängige Berater auftreten, müssen im Rahmen ihrer Empfehlung insbesondere Ihre finanzielle Situation und Ihre persönlichen Umstände berücksichtigen und eine hinreichende Anzahl der am Markt angebotenen Optionen zu Grunde legen. 
Nutzen Sie Beratungsangebote. Geben Sie Ihrer Beraterin oder Ihrem Berater alle erforderlichen Informationen. Nehmen Sie die Betreffenden in die Pflicht, eine für Sie geeignete Lösung zu finden. Eine zusätzliche Besprechung der Angebote für die Anschlussfinanzierung mit unabhängigen Experten, zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen, kann hilfreich sein. Dies gilt besonders dann, wenn es finanziell eng zu werden droht.

Forward-Darlehen prüfen

Viele Kreditgeber bieten Verbrauchern an, bereits lange vor Auslaufen der aktuellen Sollzinsbindung eine neue Zinsfestschreibung zu vereinbaren. Wenn Sie mit steigenden Bauzinsen rechnen oder die aktuellen Marktzinsen sichern wollen, sollten Sie prüfen, ob Sie ein solches Forward-Darlehen abschließen wollen. Teilweise werden Forward-Darlehen bis zu fünf Jahre im Voraus angeboten. Für jeden Monat bis zum Ende der aktuellen Zinsbindungsfrist und dem Beginn des Kredits zu den Bedingungen des Forward-Darlehens bzw. der Auszahlung des Forward-Darlehens wird allerdings ein Zinsaufschlag fällig, der je nach Kreditgeber unterschiedlich hoch sein kann. Erörtern Sie im Rahmen der Beratung, ob und wann der Abschluss eines solchen Forward-Darlehens für Sie geeignet sein kann.

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